Das Augenoptikgeschäft 2.0 – Detektei für gutes Sehen und Augengesundheit

Abbildung 1 - Quelle: ZVA Report Dez. 2018

Hendrik Edelthalhammer ist Experte für das Screening der Augen im Augenoptikbetrieb. Seit einiger Zeit hat er sich auf das Screening mit dem OCT der DAO spezialisiert. In diesem nachfolgenden Fachartikel beschreibt er detailliert seinen Screening-Alltag und geht auf zahlreiche Fallbeispiele ein.

Dieser persönliche Erfahrungsbericht ist an Sie gerichtet – den erfolgreichen Augenoptiker (m/w/d), der von seinen Kunden geschätzt wird und seit Jahrzehnten am Markt ist. Sie möchten in Ihre berufliche Weiterbildung investieren und Ihren Kunden Ihr Angebot an Dienstleistungen ausbauen. Weil Sie immer öfter von Ihren Kunden zu hören bekommen: „Einen Termin beim Augenarzt? Da muss ich doch mindestens ein halbes Jahr darauf warten.“ Sie haben erkannt, dass es in Ihrer Region ein Versorgungsproblem gibt. Sie haben deshalb Lust, für die Augengesundheit Ihrer Kunden einzustehen. Sie haben den Anspruch an sich selbst, es redlich machen zu wollen! Und Sie wissen, dass Sie die dafür nötige Wissensvermittlung nicht in einem Crash-Kurs zu erwarten haben.

Wenn Sie dauernd nicken, lesen Sie gerne weiter – schütteln Sie aber den Kopf, blättern Sie einfach um!

„Erfolg ist freiwillig.“ (Manfred Stockmann, Autor) jedoch „Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt.“ (Hesiod, Dichter, Griechenland 715-650 v. Chr.)

Dass es diese Versorgungsproblematik in Deutschland gibt, können Sie der „Statistik des Monats“ des ZVA-Reports vom Dezember 2018 entnehmen. Sie zeigt, dass es in Deutschland einen nachweislich stetigen Rücklauf an niedergelassenen Augenärzten gibt (Abb. 1).

Welche Weiterbildungsmöglichkeiten haben Sie?

Sie haben deutschlandweit mehrere Optionen, das erforderliche Wissen vermittelt zu bekommen. Ich habe mich damals für den berufsbegleitenden Masterstudiengang der Hochschule Aalen entschieden, weil dieser mir direkt die Möglichkeit bot, das Gelernte sofort in meinen beruflichen Alltag zu integrieren.

Ein weiteres entscheidendes Kriterium waren die Kooperation mit den beiden US-Amerikanischen Colleges, dem New England College of Optometry (NECO) in Boston und der Pacific University in Forrest Grove. Der Vorteil des Aalener Masterstudienganges ist unter anderem, dass Sie von Seiten der externen Professoren keinerlei berufspolitisches Kalkül zu befürchten haben und Sie bekommen deren Wissen neutral, ehrlich und wissenschaftlich valide vermittelt.

Welche Geräteanschaffung ist sinnvoll?

Wir stellten uns bei HESS United Optics die Frage, welches Gerät, den breitesten Nutzen für unsere Kunden erfüllen würde. Legen wir uns eine Weitwinkel-Funduskamera, ein Scanning-Laser-Ophthalmoskop oder eine Funduskamera mit OCT zu? Im Februar 2019 investierten wir in das Huvitz OCT, das von der Deutschen Augenoptik AG vertrieben wird. Es ist selbsterklärend und kinderleicht anzuwenden, ähnlich einem Autorefraktometer. Es bietet neben einem echten Fundusbild die entscheidende Option, detektieren zu können, an welchem Ort die lokalisierte Normabweichung vorliegt. Weiter leistet es für unser Glaukom-Screening eine ethnisch differenzierte Analyse der Dichte der retinalen Nervenfaserschicht. Dies ist für uns eine echte Bereicherung in der Kommunikation mit den lokalen Augenärzten und Kliniken.

Wer wir sind!

Die Optik Hess GmbH wurde vor 39 Jahren gegründet und existiert mittlerweile in zweiter Generation erfolgreich am Markt. In der Region des Dreiländerecks Deutschland/Frankreich/Schweiz sind wir bekannt für authentische und individuelle Brillenberatung. Seit 2017 gehört Optik Hess als eines der ersten deutschen Geschäfte der United Optics Gruppe an.

Der Bedarf an optometrischer Dienstleistung und breitem Kontaktlinsen Know-how wuchs stetig und im Sommer 2017 begonnen wir mit Hilfe von Hendrik Edelthalhammer – Augenoptikermeister, Optometrist (HWK) und Master of Science in Vision Science and Business (Optometry) – mit dem Ausbau der breit aufgestellten Kontaktlinsenabteilung und dem Aufbau an optometrischen Dienstleistungen.

Was bringt Ihnen diese Weiterbildung und welchen Nutzen haben Ihre Kunden durch die Geräteinvestitionen?

Wir haben Ihnen im Anschluss einige Fallbeispiele zusammengestellt, die uns bei einer „normalen“ Refraktion nicht hätten auffallen können:

Fallbeispiel 1:

Eine 74-jährige Frau mit positiver Familienanamnese Altersbedingte Makuladegeneration (AMD – bekannt bei der Mutter sowie der Tante mütterlicherseits), kam wegen zu langer Terminwartezeit beim Augenarzt zu uns. Ihr letzter Augenarzttermin war vor zwei Jahren.

Vor fünf Jahren musste sie sich einer Operation unterziehen, bei der ihr mehrere Meningeome (gutartige Tumore der Hirnhaut) entfernt wurden. Eines davon befand sich am linken Sehnerv (der Sehnerv ist ebenfalls von den Hirnhäuten umschlossen, daher können Meningeome auch dort auftreten).

Die mit non-contact Tonometrie gemessenen Augeninnendruckwerte lagen beidseits im Normbereich.

Eigene Brille 4 J. alt
R: +2,50
L: +2,50
Add. 2,25
Vcc damit zum Zeitpunkt der letzten Augenprüfung nicht bekannt.

Subj. Ref.
R: +3,25, Vcc 1,0
L: +2,75 Vcc 0,5
Add. 2,25

Ihre Pupillen waren im Hellen wie im Dunklen seitengleich, zeigten prompte Lichtreaktion und keinen relativen afferenten Pupillendefekt.
Ein postoperativer Defekt am linken Sehnerv konnte somit ausgeschlossen werden.

Amsler-Test: R: unauffällig L: starke Metamorphopsien von Rand zu Rand über das gesamte Testfeld

Konfrontations-GF: R: unauff. L: temp. eingeschränkt

Relevante Spaltlampenbefunde:
Beidseits leichte Trübungen der Augenlinsen.
Eine Visusreduktion durch eine etwa fortgeschrittene Katarakt auf dem linken Auge bestätigte sich hierdurch nicht.

Die indirekte Ophthalmoskopie mit der 90-Dioptrien-Lupe an der Spaltlampe gestaltete sich schwierig und war nicht aussagekräftig.

Die stattdessen durchgeführte Messung mit dem Huvitz OCT lieferte folgende Ergebnisse:

Die Fundusfotografie zeigte keine Auffälligkeit, die diese Visusreduktion auf dem linken Auge erklären lässt (Abb. 2).

Abbildung 2 – Farb- und Infrarot-Fundusfotografie, linkes Auge

Die Optische-Kohärenz-Tomographie (OCT) gab schließlich begründeten Aufschluss, weshalb der linke Visus der Kundin bei nur 0,5 lag – eine Epiretinale Membran (ERM). Mittels OCT wird die Hyperreflexion der ERM deutlich (Abb. 3, roter Pfeil).

Die geordnete Struktur einer gesunden Makula ist nicht zu erkennen (Abb. 5). Durch die Zugkräfte einer Epiretinalen Membran, die eine Proliferation von Gliazellen darstellt, werden die sonst zur Seite verlagerten Schichten (die retinale Nervenfaserschicht (gelber Pfeil), die Ganglienzellschicht (grüner Pfeil), die innere plexiforme Schicht (blauer Pfeil) und die innere Körnerschicht (oranger Pfeil)) zueinander hin gezogen und die Grubengestalt der Makula verschwindet in diesem Fall. Sowohl in der Dickenanzeige (Abb. 3, Thickness Map) als auch in der 3-D Animation (Abb. 4) ist die normale Erscheinung der Makula nicht zu erkennen. Auf der Anzeige für Abweichungen ist ein großes graues Areal der Abweichung zur Normalverteilung sichtbar (Abb. 3, Deviation Map). Und in der Dickenanzeige sind ebenfalls verdickte Sektoren der einzelnen Messareale auszumachen (Abb. 3, ETDRS, rosa Areale).

Aufnahme einer Makula nach einem OCT Augenscreening
Abbildung 4 - 3-D Simulation der Makula, linkes Auge
Abbildung 5 - Internationale Nomenklatur für normale OCT Terminologie, Quelle: https://www.semanticscholar.org/paper/Proposed-lexicon-for-anatomic-landmarks-in-normal-Staurenghi-Sadda/d0dedca94b4deaf1b1414d9355528be071d40ea3/figure/1, 4.8.2019 19:23 Uhr

Unsere Kundin stimmte der Datenübermittlung an ihre Augenärztin zu. Anschließend versandte ich den Bericht über das bei ihr durchgeführte optometrische Screening, inklusive der Bilddateien und einer Verdachtsdiagnose per Email. Durch die Berichterstattung an ihre Augenärztin, bekam sie innerhalb einer Woche einen Termin und eine Überweisung ans Freiburger Universitätsklinikum.

Die Kundin wurde zwischenzeitlich in der Universitätsaugenklinik Freiburg operiert. Sie ist sehr dankbar für die von uns angebotene Dienstleistung, da ihr so sechs Monate Wartezeit erspart wurden. Denn ihre Augenärztin hätte sie normalerweise erst in etwa einem halben Jahr sehen können.

 

Fazit

Die Investition in die optometrische Ausbildung sowie die Anschaffung der Geräte, macht sich täglich bezahlt. Der Mehrwert für die regionale Bevölkerung ist aufgrund des hohen Zulaufs und der direkten Weiterempfehlung als hoch einzuschätzen. Die Kommunikation mit den Augenärzten und Kliniken erweist sich als vorteilhaft für die Kunden. In Bezug auf die Augenärzteschaft sei bemerkt, dass eine Entwicklung hin zu einem Miteinander auf Augenhöhe, im Sinne des Kundenwohls, sehr wünschenswert wäre. Hier ist Potenzial für eine ausgewogene Kommunikation nach oben offen. Dass unsere Kundschaft diesen Ausbau an Dienstleistung sehr wertschätzt, bestärkt uns auf unserem Weg, denn die beschriebenen Fälle bestätigen die Sinnhaftigkeit und den Bedarf an optometrischer Dienstleistung in unserem augenoptischen Betrieb. Dies ist und bleibt unsere Motivation.

 

Verfasser: Hendrik Edelthalhammer, Master of Science in Vision Science and Business (Optometry)

Fachliche Unterstützung: Nina Müller, OD, M.Sc., Dipl. Ing. (FH) Augenoptik, FAAO, Universitäts Augenklinik Basel, Schweiz